von Leonie Nausester und Vivien Jung
Mit der heutigen Vernetzung und dem Einfluss sozialer Medien wäre es fast unmöglich, dem Themenschwerpunkt USA auch nur einen einzigen Tag aus dem Weg zu gehen. Weite Teile deutscher Politik und Popkultur werden wesentlich von den USA beeinflusst, ob durch politische Bündnisse oder Instagram und TikTok. Umso intensiver wurden die vergangenen US-Wahlen sowohl hier als auch in Gesamteuropa verfolgt. Die Reaktionen? Ein Mosaik aus Empörung, Angst, Wut und – Erheiterung.
Eines lässt sich klar sagen: Präsident Donald Trump hat die Demokratie anvisiert – und ist auf Angriff eingestellt gewesen. Alle Augen der Welt waren im November auf die USA gerichtet, „unparteiische“ Berichterstattung kaum noch möglich, wenn über die Taten und Worte des Präsidenten berichtet werden musste. Biden gegen Trump. Demokratie gegen Gesetzlosigkeit „Stop the count!“ – Ein Ausruf, der in den Köpfen der gesamten politischen Öffentlichkeit widerhallte. Selbst Wochen nach der Wahl zeigt der Präsident keine wesentliche Bereitschaft, von seiner Position abzurücken. Im Jahr 2018 riefen die USA die Wahl in Venezuela zurecht als unfair und antidemokratisch aus, noch bevor die ersten Stimmen abgegeben worden waren. Trump schien sich dieses Prinzip gemerkt zu haben.
Wahlaktivist*innen agierten als die Retter*innen der Situation – Stacey Abrams möglicherweise als Bekannteste. In Georgia war es neben starken demografischen Komponenten maßgeblich dem Einsatz dieser demokratischen Aktivist*innen zu verdanken, dass insbesondere Minderheiten mobilisiert wurden und so der Staat mit seinen 16 Wahlmännern letztendlich President-Elect Joe Biden angerechnet wurde. Dieser Fakt spricht für das Engagement der Bevölkerung. Doch in einem Land, das sich für seine Demokratie lobpreist, ist es erschreckend zu sehen, dass eine Wahl überhaupt gerettet werden muss.
Nicht erst Trumps offener Angriff auf das Prinzip geordneter und letztendlich friedlicher Machtübergabe als Grundpfeiler der Demokratie macht da sprachlos. Auch ohne Präsident Trumps alleiniges Zutun hätte sich die gesellschaftliche und politische Polarisierung in den USA verschärft. Die Kommunikation der beiden großen Parteien wich in der Vergangenheit viel zu häufig von jeder Sachlichkeit ab und zerrüttet das Land, fernab von jeglichem Respekt und Vertrauen gegenüber der anderen Seite. Belagerte Wahllokale, Menschen besessen von den Falschaussagen der Regierung und als I-Punkt die Kapitol-Erstürmung vor zwei Wochen. All diese Ereignisse bilden nur die Spitze des Eisberges eines viel tiefer sitzenden Konflikts.
Die USA repräsentiert das Schicksal vieler Demokratien im digitalen Zeitalter. Durch das konstante Aufschwemmen von sogenannten Fake News hat sich das politische Klima grundlegend gewandelt. Propaganda lauert nur einen Klick entfernt, der Staat scheint am Rande demokratischer Selbstzerstörung. Aus Expertenkreisen hört man, dass es utopisch sei nun zu glauben, Biden würde hier ausschlaggebende Veränderung herbeiführen können. Durch die andauernde Pandemie verstärkt sich die Ungleichheit proportional zur Arbeitslosigkeit, während das Gesundheitssystem immer näher an seine Belastungsgrenzen gerät. Dennoch blicken viele Amerikaner nun mit Hoffnung auf die neue Amtszeit: Mit der Mehrheit des Senats auf demokratischer Seite verfügt der 46. Präsident über wesentlich mehr Handlungsmöglichkeiten als zuvor angenommen. Es steht fest, dass die USA in nächster Zeit viele soziale und politische Veränderungen erwarten werden. Ob diese auch zugunsten der Demokratie ausfallen werden, wird sich in den nächsten vier Jahren zeigen.