von Leonie Nausester und Vivien Jung
Eine rasante Entwicklung, die uns vor neue Herausforderungen stellt
Die USA ist bekannt als die mächtigste Demokratie der Welt, doch ihr gegenüber steht China als weltweit wichtigstes totalitäres Regime. Diesem Tatbestand schenken wir allerdings viel zu wenig Beachtung.
Woran liegt das? Liegt es daran, dass uns das Land sowie seine Kultur so weit entfernt scheinen? Dass wir kaum etwas über China wissen geschweige denn lernen? Wir schauen amerikanische Filme, hören Musik von amerikanischen Musikern, sehen deren Promis als die unseren. Auch in der Schule wird die USA in fast jedem Fach erwähnt, wenn nicht sogar näher besprochen. Sei es das politische System in Englisch und Sozialkunde, die geografischen Gegebenheiten und Traditionen in Geografie oder das Schulsystem, Kultur sowie der berühmte amerikanische “Way of Life”. Über China wiederum wird in der Schule kaum geredet. Auch in unserem alltäglichen Leben erfahren wir nicht viel über das scheinbar so unendlich weit entfernte Land. Wir gehen zum Chinesen essen, aber viel mehr Berührungspunkte gibt es nicht.
Oder könnte es vielleicht daran liegen, dass wir uns mit der dort existierenden Herrschaftsform nicht identifizieren können? Dass wir lieber die Augen schließen vor der Gewalt die dort herrscht? Liegt es daran, dass eine Verstärkung der Berichterstattung bedeuten würde, dass dem deutschen Bürger das dortige Verhalten nähergebracht wird – wir es aktiv realisieren und Veränderung fordern? Dadurch würde unsere Regierung mehr oder weniger dazu gezwungen werden, eine deutlichere Position gegenüber der chinesischen Politik einzunehmen. Dies ist etwas, wovor sich deutsche Politiker allerdings seit Jahren scheuen, denn China traut sich starke Geschütze aufzufahren. So zeigte sich dies bereits an Beispielen wie Norwegen und Südkorea, die letztendlich beide billige Kompromisse eingehen mussten, nachdem sie auf Chinas schwarze Liste geraten waren.
Am Ende können wir viel darüber spekulieren, warum wir so wenig über China wissen und diesem Land so wenig Aufmerksamkeit widmen.
Doch wenn wir dann tatsächlich einmal einen Blick in das 15 Flugstunden entfernte Land werfen, sehen wir ein totalitäres System das liberale Demokratien versucht zu unterdrücken. Es sieht sich als Gegenstück zur Demokratie, besser gesagt als die “viel bessere Alternative”. Dabei war das Land nicht immer so eingestellt. Kurzzeitig war es eine Republik. Diese Phase dauerte aber nicht lange an, da einer Ihrer Hauptvertreter, Sun Yatsen, starb und sein Nachfolger, Yuan Shikai, zunehmend autoritär eingestellt war. Im weiteren Verlauf entwickelte sich die Republik zu dem staatlichen Gebilde, das die Welt heute sieht. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch der aktuelle Staatschef, Xi Jingping, der die durch Deng Xiaoping 1945 eingeführten fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz (Achtung der Souveränität und territorialen Integrität; gegenseitiger Nichtangriff; gegenseitige Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten; Gleichberechtigung und gegenseitiger Nutzen; friedliche Koexistenz trotz unterschiedlicher Systeme), weitestgehend außer Kraft setzte. Damit ist China außenpolitisch nicht nur viel präsenter, sondern auch viel gefährlicher geworden. Die damals noch geltenden Prinzipien machten es Peking schwer, im Sicherheitsrat für Sanktionen oder gar die Anwendung von Gewalt zu stimmen. Dies änderte sich mit dem Amtsantritt des aktuellen Staatschefs grundlegend.
Mit Chinas Position als aufstrebende Weltmacht erscheint ein neuer “kalter Krieg” zwischen Ost und West als furchterregende Möglichkeit am politischen Horizont. Gerade in solchen Zeiten ist die Notwendigkeit einer dritten Macht sichtbar. Hierfür geeignet scheint Europa. Allerdings hat der Staatenverbund zurzeit andere Probleme. Dazu mehr im kommenden Teil.