Auftaktseminar Berlin: 8– 12. November 2017
Nach vier intensiven Seminartagen im spätherbstlichen Berlin wollten die glücklichen aber erschöpften TeilnehmerInnen des Schülerkolleg International (SKI) nur noch eins: umgehend ein SKI-Internat gründen. Unendliche Diskussionsrunden über politische und gesellschaftliche Entwicklungen und persönliche Zukunftsträme hatten die 24 GymnasiastInnen, aus allen Teilen der Republik, zu einer Gemeinschaft geformt. In den eng getakteten Programmpunkten, ob im Auswärtigen Amt, beim Kanzleramt oder beim Social-Startup Kiron, begeisterten die SchülerInnen mit der geballten Neugierde ihrer tausendundeinen kniffligen Frage.
Nach einer einjährigen Pause konnte ein neues Team aus höchstmotivierte SF-Neumitglieder und erfahrene SF-lern und TK-lern das seit 2007 bestehende SF-TK Gemeinschaftsprojekt Schülerkolleg International mit großem Erfolg aufleben lassen. Dank finanzieller Unterstützung durch den DAAD sind in diesem Schuljahr wieder 25 GymnasiastInnen für zwei Seminarwochenenden nach Berlin (8.-12. November 2017) und Brüssel (3.-6. Mai 2018) eingeladen. Das Jahresthema „Verwüstet? Vernetzt? Vereint? – Wie sieht die Welt von morgen aus?“ wurde dafür durch vier von den SchülerInnen gesetzte Schwerpunkten ergänzt: Migration, Umwelt, EU-Reform und Gerechtigkeit.
Ziel des SKI ist es, neue Gesichter und Biographien für verantwortungsvolle Aufgaben in Deutschland, Europa und der Welt zu gewinnen und Jugendlichen mit bewusst unterschiedlichen biographischen Hintergründen Perspektiven auf internationale Ausbildungs- und Karrierewege zu eröffnen. Angesichts eines großen Anteils an TeilnehmerInnen mit Migrationserfahrung oder nicht-Akademiker-Eltern ist das Projekt diesem Anspruch erneut gerecht geworden. Da in der Vergangenheit ehemalige SKI-lerInnen auch immer wieder den Weg ins Studentenforum gefunden haben, leistet das SKI auf diese Weise auch einen Beitrag zur kulturellen und sozio-ökonomischen Diversität des SF.
Nach den obligatorischen Kennenlernspielen am Abend der Ankunft stand am nächsten Morgen, als erster offizieller Termin des Berlinseminars, gleich das Auswärtige Amt auf dem Programm. Schon vor dem Schülerkolleg träumte so mancheR KollegiatIn von der Diplomatenkarriere. Nach dem herzlichen Empfang, den uns die Tönissteiner Markus Bleinroth (Referatsleiter OR10 – Rüstungskontrolle) und Wiebke Rückert (stv. Referatsleiterin Ref. 500 – Völkerrecht) an diesem Sehnsuchtsort bescherten, dürften noch so einige InteressentInnen hinzugekommen sein.
Als nächstes ging es, vorbei an Staatsoper, Brandenburger Tor und Reichstag, ins Bundeskanzleramt. Für mehr Sightseeing fehlte die Zeit. Schließlich mussten sich unsere Gastgeber im Bundeskanzleramt, Dr. Colin Nippert (Referat 213 – bilaterale Beziehungen zu den Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas) und Dr. Rüdiger Scholz (Referat 413 – Außenwirtschaft, Internationale Wirtschaftspolitik, Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen), wieder einem Sturm an Fragen stellen. Außerdem wurden die SchülerInnen unter den kritischen Blicken der Bundeskanzler a.D. in der Gemäldegalerie noch zu einem kleinen Rundgang eingeladen.
Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen des Schwerpunktthemas Migration. Als Social-Startup hilft Kiron Open Higher Education GmbH Geflüchteten auf dem Weg zur Hochschulbildung. Schwer bedruckt davon, was mit Kreativität und Mut erreicht werden kann, verließen die TeilnehmerInnen die jungen GründerInnen Vincent Zimmer und Louisa Mammeri, um das Deutschlandbüro der Internationalen Organisation für Migration zu besuchen. Wie bei allen Treffen, waren die internationalen Studien- und Karrierewege der ReferentInnen ein wichtiger Aspekt des Gespräches mit Hannah-Sophie Wahle (Projektkoordinatorin ZIRF Counselling/Return Portal) und Jakob Kienzle (Assistent der Büroleitung).
Im Bundestag berichtete Inga Fromann, Mitarbeiterin von MdB Prof. Dr. Heribert Hirte, aus dem Arbeitsalltag im Bundestag. Gekonnt spannte sie den Bogen von den Sondierungsgesprächen als aktuelles politisches Großprojekt bis hin zu kleinen Details der Büroarbeit. Bevor wir uns bei der Welthungerhilfe den zentralen Herausforderungen auf dem Weg zur globalen Gerechtigkeit, mindestens aber der allgemeinen Ernährungssicherheit, stellen konnten, kehrten wir zunächst für eine Stärkung in die Enzianstuben ein.
Diese Ironie war den scharfsinnigen TeilnehmerInnen natürlich nicht entgangen. Ein Grund mehr SZ-Korrespondent Mike Szymanski, der seine Käsespätzle erkalten ließ, um uns noch beim Essen feinsinnig und informativ Rede und Antwort zu stehen, keine kritische Frage, z.B. zur Verantwortung der Medien am Erfolg der AfD, zu ersparen. Constanze Blum von der Welthungerhilfe berichtete von der Arbeit der Welthungerhilfe weltweit und ihren persönlichen Einsätzen in Mosambique und (derzeit) in Berlin. Das Interesse der SchülerInnen war dabei so groß, die Fragen so zahlreich und die Zeit so kurz, dass Constanze für eine Fortsetzung der Frage-Antwort-Runde spontan auch für den nächsten Abend verpflichtet wurde.
Nachdem die ersten Tage von inhaltlichen Diskussionen geprägt waren, führte Philipp Müller in einem ganztätigen Workshop am Samstag die TeilnehmerInnen in die Grundlagen der Mediation ein. Nach einem theoretischen Überblick – etwa über den Unterschied von Interessen und Positionen – konnten die SchülerInnen das Erlernte in einer Reihe von Rollenspielen in Kleingruppen selbst anwenden. Zusammen mit dem Referenten (und Constanze Blum) klang der Tag bei einem Abendessen im Simon-Dach-Kiez aus, wo das SKI auf den Tischreservierungen eine Umbenennung in „Schiler Kolek“ erfuhr.
Im Markt der Möglichkeiten fand das Berlinseminar am Sonntagmorgen seinen krönenden Abschluss. Berliner Mitglieder des Studentenforums stellten sich den Fragen der TeilnehmerInnen zu Studium und Beruf im In- und Ausland. Auch für individuelle Beratung zu den konkreten Vorhaben der SchülerInnen war in diesem Rahmen Raum und Zeit. Dann ließ sich das unabwendbare nicht mehr herauszögern. Die Kollegiatinnen gingen in alle Himmelsrichtungen, den Kopf voller neuer Ideen und Träume und voller Vorfreude auf das Wiedersehen in Brüssel.