von Corvin Wilichowski & Sujit Jakka
Ein Gespräch mit Frau Inga Frohmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Büro vom MdB Prof. Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU-Fraktion)
Unser 19. Deutscher Bundestag! Das ist unser gemeinsam gewähltes Herz der Demokratie. Ganze 709 Abgeordnete aus sieben Parteien und sechs Fraktionen. Also “business as usual“? – Von wegen! Gerade jetzt nach der konstituierenden Sitzung wird sich vieles in den Grundsatzdebatten des Plenums ändern. Doch über seine gesetzgebende Funktion hinaus – wie läuft es wirklich im Bundestag?
Herr Prof. Dr. Heribert Hirte:
Auf seiner Website nennt sich Herr Hirte einen „echten Kölschen Jung“, da sein Lebensmittelpunkt trotz einiger Auslandsaufenthalte stets in seinem Heimathafen Köln geblieben sei. Sein Abitur und auch das Studium der Rechtswissenschaften legte er in Köln ab. Während seiner Studienzeit verbrachte er ein Jahr in Lausanne in der Schweiz. Danach folgte seine Promotion und eine Teilnahme am LL.M- Programm der University of California in Berkeley. Nach einigen Stationen an Gerichten – unter anderem als stellvertretendes Mitglied des Thüringer Verfassungsgerichtshofes – erhielt er im Jahr 2000 einen Lehrstuhl an der Universität Hamburg. Seit 2013 ist er nun als Direktkandidat des Wahlkreises Köln II im Bundestag für die CDU/CSU Fraktion vertreten. Zudem ist er seit dem Jahr 2014 für den katholischen Stephanuskreis als Vorsitzender aktiv. Dass Heribert Hirte als gläubiger Katholik sich trotzdem sehr für die „Ehe für alle“ eingesetzt hat, stellt seine Mitarbeiterin Inga Frohmann als besonders bemerkenswert heraus.
Die Karriere von Frau Inga Frohmann
Frau Inga Frohmann durchlief nach dem Abitur die Ausbildung zur Bankkauffrau, bevor sie sich dazu entschloss, Nordamerika-Studien als Bachelor zu studieren. Für ihren Master studierte sie International and European Politics, um dann ihre Masterarbeit zum Thema TTIP zu verfassen. Vor ihrem Studium nahm Frau Frohmann am renommierten Austauschprogramm des Bundestags, dem PPP (Parlamentarisches-Patenschafts-Programm), teil und sammelte berufliche Erfahrungen im Büro eines Senators in Washington sowie in einer Bank. Uns teilt sie zu ihrer derzeitigen Arbeitssituation mit, sie sei sehr zufrieden in Berlin und habe mit Herrn Hirte einen überaus guten Vorgesetzten.
Wie verstehen sich die Abgeordneten untereinander?
Entgegen der verbreiteten Meinung, dass Politiker unterschiedlicher Fraktionen sich voneinander distanzierten und lieber in ihren Fraktionen blieben, teilte uns Frau Frohmann mit, dass das Gegenteil der Fall ist. Viele Abgeordnete – und auch ihr Vorgesetzter Herr Hirte – lägen viel Wert auf eine interparteiliche Verständigung. Zum Glück, denn eine gute zwischenmenschliche Basis ist wertvoll, um unsere Demokratie zu wahren und Deutschland voranzubringen!
Alles also wie eine Schulklasse?
Diesen Vergleich bemühte Frau Frohmann und liegt damit viel näher an der Wahrheit, als man denken würde. Nicht nur die Existenz von Sommerferien, sondern auch die bunte Vielfalt an „Schülern“, in deren Zusammensetzung natürlich nicht jeder mit jedem befreundet ist, sondern es einzelne Gruppen, die Fraktionen, gibt, lassen den Vergleich zur Schule zu.
Doch ein deutlicher Unterschied findet sich natürlich in der Ernsthaftigkeit der Arbeit der Abgeordneten. Während der ein bis drei Sitzungswochen pro Monat finden Debatten im Bundestag zu Gesetzesvorhaben, die zuvor intensiv in den einzelnen Fachausschüssen interfraktional vorbereitet wurden, statt. Zudem nehmen die Abgeordneten regelmäßig an Beratungen ihrer Landesgruppen im Parlament teil. Diese finden, so wie die meisten Zusammenkünfte, im Paul-Löbe-Haus statt, in dem sich auch mehr als 1.000 Büros für Parlamentarier und Mitarbeiter befinden.
Wie sieht die Arbeit eines wissenschaftlichen Mitarbeiters aus?
Die Mitarbeiter der Abgeordneten werden zwar wissenschaftliche Mitarbeiter genannt, dennoch ist ihre Arbeit mit der an Universitäten nicht zu vergleichen. Vielmehr sind die Mitarbeiter schriftsprachlich und politisch bewanderte Verwaltungsmultitalente. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Vorbereitung von Post und Emails, von denen so mancher Abgeordneter am morgen schon 300 Stück am Rechner sieht, auch die Nach- und Vorbereitung von Sitzungen, bei denen im Vordergrund steht, den (juristisch) teils hochanspruchsvollen Texten den inhaltlichen Kern zu entlocken. Auch Reden lassen einige Abgeordnete vollständig von ihren Mitarbeitern verfassen. Frau Frohmann berichtet, Herr Hirte schreibe diese oftmals auch selbst, was jedoch jeweils vom Thema abhinge. Eine weitere Aufgabe der wissenschaftlichen Mitarbeiter ist die Aufarbeitung von Plenarprotokollen und bei kleineren internen Sitzungen auch deren Protokollierung. Da weitere Aufgaben wie Recherchearbeit, die Planung des Terminkalenders und die telefonische Erreichbarkeit in der Hand der Mitarbeiter liegen, reicht ein durchschnittlicher Acht-Stunden-Tag meistens nicht aus. Von einem Wissenschaftlichen Mitarbeiter im Bundestag werden daher eine hohe Belastbarkeit und auch Flexibilität gefordert.
Das Profil für die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten
Dass die Arbeit eines Bundestagsabgeordneten anstrengend und außerordentlich zeitintensiv ist, ist wahrscheinlich den meisten klar. Doch welche Eigenschaften sind von besonderer Bedeutung, um das tägliche Pensum „genießen“ zu können? – Auf jeden Fall sollten Parlamentarier rhetorisch stark sein. Denn das überzeugende Reden ist nicht nur im Plenum von großer Bedeutung, sondern stets bei allen Besprechungen und Sitzungen präsent. Ein offizielles Rhetoriktraining erhalten die Abgeordneten allerdings nicht, so Inga Frohmann. Wichtig ist außerdem die Fähigkeit, auf Menschen (potenzielle Wähler) zuzugehen und mit diesen auf Augenhöhe zu kommunizieren, was von vielen Bürgern bemängelt wird, aber vor allem im Wahlkampf sehr hilfreich ist. Da im Bundestag die gesetzgebende Funktion an erster Stelle steht, ist das gute Verständnis von Rechtstexten und Genauigkeit bei deren Formulierung relevant. Dennoch steht außer Frage, dass das Parlament nicht nur durch Juristen besetzt werden sollte. Das ist auch nicht der Fall, da in den Fachausschüssen Experten aus allen beruflichen Bereichen gebraucht werden, sodass für die Qualität der Arbeit eines Abgeordneten seine Profession nicht im Vordergrund steht.
Arbeit als Bundestagsabgeordneter – eine zweiseitige Medaille
Die goldene Seite der Medaille ist wohl das bereichernde Gefühl für die Abgeordneten, das Land weiterzubringen und die Menschen aus ihrem Wahlkreis mit ihren ganz persönlichen Interessen im hohen Haus angemessen vertreten zu dürfen. Doch in den letzten Jahren hat auch die dunkle Rückseite der Medaille, befeuert durch die (a)sozialen Medien, immer stärker an Bedeutung gewonnen. Denn im Internet werden nicht nur Lob und konstruktive Kritik an der Arbeit der Parlamentarier veröffentlicht, sondern auch von Hass und Beleidigungen strotzende persönliche Attacken. Viele Abgeordnete haben bereits Morddrohungen erhalten. Trotz dieser Belastung und ohnehin schon kräftezehrenden Arbeit stets gefasst und sachlich zu bleiben, fällt unseren Repräsentanten sicherlich nicht leicht und ist ihnen deswegen umso höher anzurechnen. Dazu kommen innerparteiliche Konkurrenz und bei vielen Abgeordneten die Angst, bei der nächsten Bundestagswahl ihr Mandat wieder zu verlieren. Frau Frohmann fügt zu diesem Thema hinzu, sie wisse nicht, ob sie diesen Belastungen standhalten könnte, sichtlich froh darüber, als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu arbeiten.
Was sich resümieren lässt
Die Arbeit im Bundestag ist von großer Verantwortung und Abwechslung geprägt. Dass die dort arbeitenden Menschen, egal ob Parlamentarier oder Mitarbeiter, täglich so viel investieren, um unser Land wirtschaftlich stärker, gerechter, gesünder, sicherer und international vernetzter zu machen, ist nicht selbstverständlich und geht als Geschenk mit der Demokratie einher. Diese zu schützen sollte nicht nur die Aufgabe von demokratischen Politikern sein, sondern auch wir müssen dadurch, dass wir politisch mitwirken, unsere Rechte als Souverän verteidigen.