von Clara Ebersbach, Isabella Ferencz, Maximilian Rose
Die EU-Kommission gilt als eine der mächtigsten Institutionen der Europäischen Union. Durch ihre supranationale Rolle hat sie eine interessante Perspektive auf die größten Herausforderungen für Demokratien in Europa, in der Gegenwart sowie in der Zukunft. Der SKI Jahrgang 2020/21 hatte die Möglichkeit, diese Perspektive in einem Termin mit einer hochrangigen Vertreterin der Europäischen Kommission, die sich für Werte und Transparenz in der EU engagiert, zu besprechen und zu analysieren.
Die Kommission sei auf drei zentrale Herausforderungen für die Zukunft gestoßen. Erstens sei das die Problematik des Klimawandels, zweitens die langfristigen Folgen der Coronapandemie und drittens die Gefahren, die die sozialen Medien für die Demokratie darstellen. Unbeachtet, so die These, könnten diese Probleme die Demokratie in Europa nachhaltig gefährden.
Als Generationenaufgabe legte die Kommissionsvertreterin besonderen Fokus auf den Klimawandel. Gerade weil der Klimawandel uns alle betreffe, sei der gemeinsame Kampf der Europäischen Union gegen diesen besonders wichtig. Der European Green Deal, den sie im gleichen Atemzug erwähnte, wird als Meilenstein europäischer Kooperation gefeiert und setzt das Ziel der Klimaneutralität Europas bis 2050.
Obwohl Corona ein sehr aktuelles Thema ist, macht man sich in der Kommission Gedanken zu den langfristigen Folgen der Pandemie für die Demokratie, denn Corona wird Europa nachhaltig verändern. Trotz zahlreicher, gemeinsamer Bemühungen auf europäischer Ebene, wie die Impfstoffbeschaffung durch die Kommission, spalte die Pandemie die Mitgliedsstaaten der EU stärker. Ohne Absprache oder Vorwarnung werden Landesgrenzen geschlossen und es wird darüber debattiert, inwiefern die Corona-Finanzhilfen der einzelnen Mitgliedstaaten den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren. Doch die langfristigen Konsequenzen der Pandemie werden viel gravierender sein, denn das Wohlstandsgefälle zwischen den einzelnen europäischen Staaten wächst an. Dies könnte zu einer Teilung zwischen den langfristig finanzstarken und den langfristig finanzschwachen Staaten führen, wodurch Kooperation auf europäischer Ebene in Zukunft erschwert werde.
Eine der größten Herausforderungen für die EU sei darüber hinaus auch die Rolle der sozialen Medien in der Demokratie. Spätestens seit der Sperrung von Trumps Twitter-Account geriete die Macht der Social-Media Konzerne wieder in Kritik, da diese nicht in der Lage sein sollten, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu interpretieren und auszulegen. Debatten zu den Grenzen der Meinungsfreiheit sollten im Parlament geführt werden, und nicht in Hinterzimmern von Social-Media Konzernen. Was offline illegal sei, müsse ebenfalls online illegal sein. Doch auch legale Posts können für die Demokratie gefährlich sein. Social-Media biete radikalen und antidemokratischen Strömungen eine Plattform, die durch ihre Mechanismen wie Echokammern Radikalisierungsprozesse indirekt verstärken. Aber auch Fake News würden von diesen Algorithmen profitieren und erreichen Millionen von Menschen, sodass die Wahrheit zwischen den verschiedenen Variationen der Faktenlage nicht immer zu erkennen sei. Gezielte Falschinformationen könnten der Demokratie schwere Schäden zufügen, daher sei es essenziell, dass zuverlässiger und unabhängiger Journalismus als Gegenpol gestärkt werde.
Bereits heute sind die europäischen Demokratien mit Problemen konfrontiert. In Europa und der Welt sind autoritäre Tendenzen zu beobachten und auch die EU hat mit Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit in einigen ihrer Mitgliedsländer zu kämpfen, allen voran Ungarn und Polen. Bei all den Gefahren müsse die EU als demokratische Institution stets die Augen offenhalten und ihre Rechtsstaatlichkeit mit allen Mitteln schützen, wie beispielsweise durch den beschlossenen Rechtsstaatlichkeitsmechanismus, der es ermöglicht, einen schwerwiegenden Verstoß gegen die europäischen Werte finanziell zu ahnden. Gerade bei einer internationalen Institution wie der EU ist das Achten der Werte besonders wichtig.