von Nhu Anh Hong & Katharina Schwerdt
25 Jugendliche aus ganz Deutschland treffen sich in Brüssel, um die EU und europäische Politik kennenzulernen. Während unserer freien Zeit haben wir uns über unsere Ideen für das Europa der Zukunft unterhalten und festgestellt, wie unterschiedlich unsere Ideen und Wünsche doch sind, genauso unterschiedlich wie die Teilnehmer. Gerade deswegen war unsere Zeit zusammen unglaublich spannend.
Unser Jahresthema heißt „Verwüstet? Vernetzt? Vereint? -Wie sieht die Welt von morgen aus?“. Mit dieser Frage hatten wir uns schon bei unserem Seminar in Berlin beschäftigt. Dort konnten wir viele Menschen kennenlernen, die sich auf verschiedene Arten für ihre Welt von morgen einsetzen. Jetzt sind wir in Brüssel auf dem Weg zum Europäischen Parlament (EP). Für einige von uns ist dieser Besuch sogar der Höhepunkt unseres Programms. Das EP ist schließlich das zentrale demokratische Organ der EU. Dort können wir jemanden kennenlernen, der sich viel mit der Frage nach der Zukunft der EU beschäftigt und immer wieder erfährt, wie spannend und bereichernd das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen sein kann. Arne Lietz ist nämlich Mitglied des Europäischen Parlaments und trifft während der Sitzungswochen jeden Tag auf über 700 Abgeordnete aus allen Mitgliedsländern der EU.
Schon der erste Eindruck des riesigen Glasbaus auf der Rue de Tréves ist sehr beeindruckend. Mit uns warten einige andere Besuchergruppen draußen und auch im Foyer ist viel los: dutzende Menschen, Besucher und Mitarbeiter, sprechen in vielen Sprachen mit- und durcheinander. Das ist eine Einstimmung auf die Sitzung im Plenarsaal, die wir nach unserem Gespräch mit Arne Lietz erleben dürfen. Die Abgeordneten sprechen und diskutieren in ihren Muttersprachen, die simultan in alle anderen Amtssprachen übersetzt werden. Deswegen tragen alle Anwesenden Kopfhörer. Dadurch werden Sprachbarrieren überwunden und eine gleichberechtigte Unterhaltung möglich gemacht.
Aber noch hat die Sitzung gar nicht angefangen und wir machen uns auf in den fünften Stock. Während unseres Gespräches mit Arne Lietz werden wie immer viele Fragen gestellt. Er lässt die Arbeit als Abgeordneter im EP geradezu leicht aussehen. Die Begeisterung, mit der er von seinen Tätigkeiten und Aufgaben spricht, ist auf jeden Fall ansteckend. Immer wieder berichtet er davon, wie spannend und besonders seine Arbeit ist. Oft lädt er auch Schulklassen zu sich ins Parlament ein und reist viel in Städte und Dörfer, um mit Bürgern zu sprechen und ihre Sorgen, Wünsche und Ideen kennenzulernen. In den Social Media, zum Beispiel auf Instagram, ist er sehr aktiv und berichtet von vielen seiner Veranstaltungen. In diesem Punkt entspricht er gar nicht dem Bild eines typischen Abgeordneten, das wahrscheinlich viele von uns im Kopf hatten.
Bei unserem Gespräch wird auch gefragt, warum das Interesse an Europa bei vielen Menschen so gering ist. Schließlich würden die Meisten ihren Landes- und Bundestagsabgeordneten kennen, aber nicht denjenigen, der ihre Interessen gegenüber der EU vertritt. Dafür gibt es sicherlich viele verschiedene Gründe. Für die meisten Menschen fühlen sich die Städte Brüssel und Strasbourg sehr weit weg an und sie fühlen sich nicht betroffen von dem, was dort entschieden wird. Auch im Europäischen Parlament gibt es einen großen Anteil an Abgeordneten, die eine anti-europäische Position vertreten. Eine Herausforderung, der sich alle stellen müssen.
Bei uns hat die Reise nach Brüssel unser Gefühl für Europa sicherlich verstärkt. Die Debatte des Europäischen Parlaments, die wir danach sehen konnten, hat genau dazu gepasst: das Thema war die Zukunft der EU. Die Abgeordneten zu sehen, die in dem Plenarsaal ihre Meinungen und Vorschläge vorbringen, die aufgeladene Stimmung zu diesem kontroversen Thema zu spüren – das alles hat auch bei uns die Lust geweckt, uns zu engagieren und einzubringen. Dabei ist es erst mal nebensächlich, ob das in der Lokalpolitik oder auf der internationalen Ebene stattfindet. Wir wissen jetzt, wie spannend Europa sein kann und wie viele Menschen sich tagtäglich dafür einsetzen, genau wie Arne Lietz.