Ein Einblick in das deutsche Auswärtige Amt
von Jonathan Werner
Im Zuge unseres Jahresthemas “Demokratie in der Dauerkrise” beschäftigten wir uns auch mit dem Thema Kommunikation zwischen Staaten.
Die Kommunikation zwischen Staaten – professioneller ausgedrückt Diplomatie – ist für eine verantwortungsvolle und weltoffene Demokratie von substantieller Bedeutung. In der Bundesrepublik Deutschland liegen die diplomatischen Beziehungen in der Verantwortung des Auswärtigen Amtes (kurz AA).
Im Laufe des SKI-Jahres haben wir mehrere Gespräche mit Vertreter*innen des AA geführt. Dass das Auswärtige Amt die deutsche Diplomatie verantwortet, mag ja auf der Hand liegen, doch dem ein oder anderen mag nicht klar sein wie genau das AA aufgebaut ist, oder wie genau seine Arbeit aussieht. Seine Aufgabengebiete sind deutlich vielseitiger, als man zunächst vermutet.
Um die vielfältige Arbeit des Auswärtigen Amtes zu verstehen, ist es zunächst einmal wichtig seine Organisation zu nachzuvollziehen. Das AA ist nämlich, als eine der obersten Bundesbehörden, auf zwei Ebenen geteilt.
Es gibt die Aufteilung in AA-Zentrale und Auslandsvertretung. Die AA-Zentrale hat zwei Standorte in Deutschland aus denen die Arbeit des Ministeriums koordiniert wird: einen Standort in Berlin und einen in Bonn.
Die Auslandsvertretungen sind die ständigen Vertretungen der Bundesrepublik im Ausland (z.B. Botschaften, Konsulate, etc.) und sind in den meisten Hauptstädten der Welt zu finden. Zudem vertreten sie Deutschland auch in internationalen Organisationen wie z.B. der EU und der UN.
Des Weiteren herrscht beim AA die Aufteilung in Arbeitsbereiche, sogenannte Abteilungen, die verschiedene Aufgaben erfüllen.
Die Zentralabteilung regelt interne Belange und koordiniert mit den anderen Abteilungen. Für die eigentliche Außenpolitik im Ausland sind die politischen Abteilungen zuständig, welche in weitere Abteilungen gegliedert sind, die für bestimmte Regionen verantwortlich sind. Es gibt separate Abteilungen für Europa und Nordamerika, Asien und den pazifischen Raum und für den Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika. Darüber hinaus gibt es Abteilungen, die nicht auf eine geographische Region, sondern auf bestimmte Themen mit außenpolitischer Relevanz spezialisiert sind. Dies sind die Abteilungen für Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge, Internationale Ordnung, UN und Rüstungskontrolle, Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung, Kultur und Kommunikation, eine Rechtsabteilung und die Abteilung für Protokoll.
Bei der Betrachtung der Vielfältigkeit der Abteilungen wird klar, wie umfangreich die Verantwortung des AA ist. Doch in dem komplexen Gebilde internationaler Beziehungen reicht eine strikte Aufgabenteilung nicht aus, um Ziele zu erreichen und als Staat seinen Standpunkt zu vertreten. Deshalb werden immer wieder, wenn die Situation dies erfordert, abteilungsübergreifende Arbeitsgemeinschaften gebildet.
Nach der Klärung der Struktur des Auswärtigen Amts stellt sich natürlich die Frage: Wie ist es, für das Auswärtige Amt zu arbeiten? Welche Qualifikationen benötigt man und welche Berufsfelder gibt es?
Beim AA kann man die Berufsfelder in zwei Kategorien einordnen: Einmal gibt es Berufe der Beamtenlaufbahn. Das sind diejenigen Männer und Frauen, die als Diplomat*innen aktiv an Deutschlands Außenpolitik mitwirken. Zudem gibt es Berufe die in das Feld Unterstützung fallen. Dies sind Berufe, die nicht direkt an der Außenpolitik des AA beteiligt sind, dafür aber wichtige Aufgaben erledigen, die für den Erfolg der Diplomaten*innen unerlässlich sind. Dazu gehören Sprachdienste, IT-Spezialist*innen, Gesundheitsdienste und weitere Dienste.
Die Beamtenlaufbahn ist dreigeteilt. Es gibt den mittleren Auswärtigen Dienst, den gehobenen Auswärtigen Dienst und den höheren Auswärtigen Dienst.
Während sich die Aufgaben in den verschiedenen Dienststufen, sowie einige benötigte Qualifikationen unterscheiden, gibt es universelle Voraussetzungen, die für alle Stufen gelten. Man muss deutscher Staatsbürger sein, sehr gute deutsche Sprachkenntnisse besitzen, eine widerstandsfähige Gesundheit haben und muss sich einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Generell muss man sehr weltoffen und bereit sein, auf der ganzen Welt eingesetzt zu werden. In allen Berufen der Beamtenlaufbahn wird alle drei bis vier Jahre der Einsatzort gewechselt. Den Einsatzort kann man sich nicht aussuchen. Man kann Wünsche äußern, die manchmal berücksichtigt werden können. Trotzdem kann man an ganz anderen Orten enden als ursprünglich erwartet.
Für die Laufbahn im mittleren Auswärtigen Dienst benötigt man mindestens einen mittleren Schulabschluss und gute Englischkenntnisse. Die Aufgaben eines Beamten im mittleren Auswärtigen Dienst sind so vielfältig wie das AA selbst. Sie können von der Arbeit in Pass- und Visastellen über die Buchführung bis hin zur Aufsicht über den Fuhrpark reichen. In jedem Fall muss man für eine Karriere in diesem Beruf und im AA generell breit aufgestellt sein, in verschiedenen Bereichen Vorwissen haben und ausgezeichnete Managementfähigkeiten besitzen.
Fähigkeiten als Manager spielen im gehobenen Auswärtigen Dienst eine noch größere Rolle. Die Schwerpunkte der Arbeit auf dieser Dienststufe liegen auf Recht und Verwaltung. Was sich im ersten Moment nach einem relativ eng gefassten Aufgabengebiet anhört stellt sich, typisch für das AA, als eine spannende Arbeit im Management- und Servicebereich heraus, welche in vielen verschiedenen Bereichen geschehen kann. Ob als Rechtsexpert*in, Arbeit in der Budgetsteuerung, im Protokoll oder bei Baumaßnahmen, Beamt*innen des gehobenen Auswärtigen Dienstes erfüllen vielseitige Aufgaben im Team und übernehmen Verantwortung in der Personalführung. Für dieses Berufsfeld gelten jedoch gesteigerte Voraussetzungen. Man benötigt mindestens ein Abitur oder eine Fachhochschulreife um sich für diesen Dienst zu qualifizieren. Zudem sind gute Englischkenntnisse und Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache, sowie Grundlagenkenntnisse in Französisch Pflicht.
Noch höher sind die Ansprüche im höheren Auswärtigen Dienst. Hier sind ein Hochschulstudium mit mindestens einem Master Abschluss, sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse, sowie Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache auf mindestens B2/C1-Niveau und Grundkenntnisse der französischen Sprache Mindestvoraussetzung. Des Weiteren muss man einen 14-monatigen Attaché-Lehrgang an der „Akademie Auswärtiger Dienst“ in Berlin absolvieren. Auf dieser Dienststufe nimmt man unmittelbar an der deutschen Außenpolitik teil. Man analysiert die Staaten, in denen man arbeitet, und bereitet Vorschläge für die bilateralen Beziehungen vor, koordiniert die Zusammenarbeit mit der EU oder vertritt Deutschland in internationalen Organisationen und bei Konferenzen. Wichtiger Bestandteil des Berufes ist es auch, internationalen Austausch und Verhandlungen über Zukunftsthemen, wie z.B. Energie- und Umweltpolitik, zu betreiben und zu fördern. Beamt*innen im höheren Dienst übernehmen sehr viel Personalverantwortung und brauchen Team- und Führungsfähigkeiten. Nach einigen Jahren Einsatz in vielen verschiedenen Regionen und Aufgabengebieten kann man sich manchmal auf gewisse Gebiete und Aufgaben spezialisieren. Zudem bekommt man die Chance auf eine der begehrten Leitungspositionen in einer der ca. 230 Auslandsvertretungen.
Abschließend lässt sich sagen, dass eine Stelle im deutschen Auswärtigen Amt eine spannende und bereichernde Angelegenheit ist. Während die Vielfältigkeit der Arbeit und die vielen Arbeitsbereiche, in denen man versiert sein muss, sicherlich nicht jedermanns Sache ist, bietet die Beamtenlaufbahn eine Karriere, die oft ein ganzes Leben erfüllt und eine lohnende Möglichkeit bietet, an der Außenpolitik Deutschlands mitzuwirken.
Obwohl die Rolle und Funktion des AA sich vor allem innerhalb der EU stetig verändert und an neue Gegebenheiten anpasst, bin ich überzeugt, dass das Auswärtige Amt auch in der Zukunft nicht nur seine entscheidende Rolle für Deutschland, sondern auch seine besonders spannende und einzigartig anspruchsvolle, aber dennoch lohnende, Atmosphäre behalten wird.