von Franziska Püllen, SKI Jahrgang 2022/23
CO2-Kompensation wird immer beliebter, sei es für Privatpersonen oder für Unternehmen. Für enstandenene Emissionen wird Geld als Ausgleich an Klimaschutzprojekte gespendet, sodass Klimaneutralität erreicht wird. Doch wie ist CO2-Kompensation zu bewerten?
Die Ironie der CO2-Kompensation
Einer der bekanntesten Anbieter für CO2-Kompensationen ist atmosfair. Das Unternehmen unterhält verschiedene Klimaprojekte im globalen Süden. Nach eigenen Angaben stellt es zum Beispiel „Schulen und anderen Institutionen in Tansania solar elektrische Kochsysteme über vergünstigte langfristige Finanzierung zur Verfügung“ (atmosfair 2022). Anstatt unsere CO2-Emissionen zu reduzieren, spenden wir Deutschen mit einem CO2-Ausstoß von 8,09 Tonnen pro Kopf also Geld, damit etwa Menschen in Tansania, die pro Kopf fast 40 Mal weniger CO2 ausstoßen, ihre Emissionen verringern können (vgl. Rietchie 2021).
Die positiven Seiten der CO2-Kompensation
Nichtsdestotrotz ist es positiv zu bewerten, wenn Menschen im globalen Süden unterstützt werden bei der Einsparung von CO2 und somit Klimaneutralität erreicht wird. Zudem haben die getroffenen Maßnahmen meist weitere positive Effekte für die Menschen, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen oder im Beispiel von solar-elektrischen Kochsystemen die Verhinderung von Gesundheitsschäden beim Kochen mit Feuerholz (vgl. atmosfair 2022).
CO2-Kompensation reicht nicht aus
Wie atmosfair erklärt, reicht CO2-Kompensation alleine aber nicht aus: „Selbst wenn alle Industrieländer ihre CO2-Emissionen vollständig in Entwicklungsländern in perfekten Projekten kompensieren würden, und damit alle Menschen in den Industrieländern dem Marketing nach „klimaneutral“ leben würden, kann damit das globale 2°C Klimaschutzziel nicht erreicht werden“ (Schultze 2015: 4). Dementsprechend wichtig ist der Dreischritt „Vermeiden –Reduzieren – Kompensieren“ (Wolters 2018: 10). Nur wenn CO2-Emissionen unvermeidbar sind und nicht reduziert werden können, sollte die Kompensation zum Einsatz
kommen.
Fehlender Anreiz
Doch die Kompensation verringert gerade den Anreiz, Emissionen einzusparen, da sie als ausreichend für den Klimaschutz wahrgenommen wird und deutlich einfacher umzusetzen ist. Wie eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2013 zeigt, führt die Kompensation teilweise sogar zu einer Steigerung der Emissionen. Personen, die an einem freiwilligen Kompensationsprojekt teilnahmen, steigerten ihren Stromverbrauch um 1-3 Prozent im Vergleich zu nicht teilnehmenden Personen (vgl. Harding 2013: 1).
Zu niedrige Zahlungen
Des weiteren sind einige Kompensationszahlungen schlicht zu niedrig, da bei der Berechnung der Klimawirkung nicht alle Aspekte miteinbezogen werden. Bei einem Flug etwa spielt nicht nur der reine CO2-Ausstoß eine Rolle, denn auch andere beim Fliegen entstehende Substanzen wie Stickoxide und Wasserdampf haben einen negativen Effekt auf das Klima. Auch wenn man das ausgestoßene CO2 ausgleicht, erreicht man damit das eigentliche Ziel der Klimaneutralität nicht (vgl. Hecking 2019).
Ungewisse Kompensation
Ein weiteres Problem stellen Aufforstungsprojekte dar. Anbieter wie PRIMAKLIMA kompensieren CO2 durch die Aufforstung von Wäldern (vgl. PRIMAKLIMA 2022). Ein Baum braucht allerdings mindestens 10 Jahre, bis er eine erhebliche Menge von CO2 aufnehmen kann (vgl. Fishman, Robert B. 2020: 1). Bis dahin kann er vertrocknen oder wie im Falle von Aufforstungsprojekten von Microsoft und BP Waldbränden zum Opfer fallen (vgl. Hodgson, Camilla 2021: 1). Ob der Baum also tatsächlich irgendwann einmal die ausgestoßene Menge an CO2 kompensiert, ist ungewiss. Daher lehnt atmosfair beispielsweise Waldschutz und Aufforstung als Kompensationsmethode ab (vgl. atmosfair, Konflikte in Aufforstungsprojekten 2020).
Fazit
Vor der Kompensation sollte stets das Vermeiden und Reduzieren von Emissionen stehen. Ist der CO2–Ausstoß jedoch unvermeidbar, so ist die Kompensation sinnvoll. Dabei sollte man auf einen guten Anbieter achten, damit die Kompensation in angemessener Höhe stattfindet und wirklich der Umwelt zugutekommt. Hilfe beim Auswählen eines geeigneten Anbieters findet man auf der Seite des Umweltbundesamtes unter Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte | Umweltbundesamt.
Quellen
- atmosfair 2020: Konflikte in Aufforstungsprojekten. Konflikte in Aufforstungsprojekten – atmosfair, zugegriffen am 17.12.2022
- atmosfair 2022: Nigeria. Effiziente Öfen. Nigeria: Effiziente Öfen – atmosfair, zugegriffen am 27.11.2022
- atmosfair 2022: Tansania. Solarelektrisches Kochen für Schulen. Tansania: Solarelektrisches Kochen für Schulen – atmosfair, zugegriffen am 27.11.2022
- Harding, Matthew und Rapson, David 2013: Do Voluntary Carbon Offsets Induce Energy Rebound? A Conservationist’s Dilemma.
- Hecking, Claus 2019: Klima-Kompensation fürs Fliegen. Das gute Geschäft mit dem reinen Gewissen. CO2-Ausgleich fürs Klima: Das Geschäft mit dem reinen Gewissen – DER SPIEGEL, zugegriffen am 15.12.2022
- Hodgsons, Camilla 2021: US Forest Fires Threaten Carbon Offsets as Company-linked Trees Burn. US Forest Fires Threaten Carbon Offsets as Company-Linked Trees Burn – Inside Climate News, zugegriffen am 17.12.2022
- Fishman, Robert B 2020: CO2-Kompensation. Schlechtes Gewissen, gutes Geld und faule Kompromisse. CO2-Kompensation – Schlechtes Gewissen, gutes Geld und faule Kompromisse | deutschlandfunkkultur.de, zugegriffen am 17.12.2022
- PRIMAKLIMA 2022: Unsere Projekte. PRIMAKLIMA e.V. – Unsere Projekte, zugegriffen am 17.12.2022
- Ritchie, Hanna und Roser, Max 2021: CO 2 emissions. Per capita CO 2 emissions. CO2 emissions – Our World in Data, zugegriffen am 27.11.2022
- Schultz, Hanna, Lübking, David und Dr.Brockhagen, Dietrich 2015: Anforderungen an und Grenzen von CO2-Kompensation für den Klimaschutz. k2-anforderungen_sinnvolle-co2-kompensation_05062019_homepage.pdf, (atmosfair.de), zugegriffen am 15.12.2022
- Wolters, Stephan, Schaller, Stella und Götz, Markus 2018: Freiwillige CO 2 -Kompensation durch Klimaschutzprojekte. Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte | Umweltbundesamt, zugegriffen am 17.12.2022