von Amy Wegew, SKI Jahrgang 2021/22

Ob Solarplatten auf dem Dach, Hybrid-Wagen in der Stadt oder Windparks im Umland – Zeichen des ökologischen Umbruchs finden sich überall. Um dem voranschreitenden anthropogenen Klimawandel Einhalt gebieten, zählt das Konzept der Energiewende weltweit zu den wichtigsten Mitteln. Unter der Energiewende wird der Wandel der Nutzung von konventionellen Energieträgern wie fossilen Brennstoffe und Atomkraft hin zu nachhaltigen Alternativen wie Solar- oder Windenergie verstanden (Vgl. Adolph, Karin u.a. 2021: o.S.). Insbesondere der dafür notwendige Kohleausstieg ist für die Reduktion unserer CO2-Emissionen unausweichlich, sorgt international jedoch oft für emotionale Debatten.

Angesichts der gemeinsamen europäischen Anstrengungen wie z.B. dem New Green Deal stellt sich dabei nun die entscheidende Frage, wie die EU im Wettlauf um die Nachhaltigkeit international abschneidet.

Die Ziele der EU

Der “European Green Deal” (Europäische Kommission 2019: o.S.), welcher 2019 von der EU-Kommission vorgestellt wurde, ist wohl die bekannteste Strategie zum Vorantreiben der Energiewende. Dazu heißt es vom BMWi: “Mit dem europäischen Grünen Deal will Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden” (BMWi 2021: o.S.). Zusammengefasst soll die EU bis 2050 keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen, ein Wirtschaftswachstum ohne Ressourcenverbrauch ermöglichen und dabei keine Region vernachlässigen. Um eine nachhaltige, effiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft zu fördern, setzt die EU rund 1,8 Billionen Euro ein, welche unter anderem aus dem Aufbaupaket “NextGenerationEU“ stammen (Vgl. Nievelstein, Lars 2021: o.S.). Zwar umfasst diese Summe auch Kategorien wie Verkehr, Landwirtschaft und Forschung, aber für den Energiesektor speziell existieren noch weitere Ziele: Sicherung, Vernetzung und Effizienz der Energieversorgung (Vgl. Nievelstein, Lars, Ebd.).

Konkrete Maßnahmen

Zunächst verfolgt die EU eine Wasserstoffstrategie, durch welche Wasserstoff mithilfe von Sonne und Wind sauber hergestellt werden soll. Ein weiterer chemischer Stoff, dessen Produktion hingegen verhindert werden soll, ist Methan. Da das Gas ein noch höheres Treibhauspotenzial als CO2 hat, soll eine weitere Strategie Methanemissionen mindern. Um Energie vor Ort effektiver einzusetzen, gibt es nun einerseits die Renovierungswelle. Ineffiziente Gebäude machen etwa ein Drittel aller EU-Emissionen aus, weshalb sich die Sanierungsrate bis 2030 verdoppeln soll (Vgl. Nievelstein, Lars, Ebd.).  Andererseits soll eine Integrationsstrategie dafür sorgen, dass Energieträger optimal untereinander und mit Verkehr bzw. Industrie verknüpft werden. Zudem werden künftig transeuropäischen Energienetze für die Verknüpfung aller Mitglieder verbaut. Über neun Korridore sollen bisher von der Infrastruktur isolierte Regionen durch die Energiemärkte versorgt werden. Zuletzt sei erwähnt, dass Offshore-Technologie, also die Gewinnung erneuerbarer Energie auf dem Wasser, gefördert werden soll (Vgl. Nievelstein, Lars, Ebd.).

Europa international an der Spitze

Trotz der oftmals auftretenden Frustration hinsichtlich der Energiewende macht ein forschender Blick in die Zukunft neuen Mut. Laut einer Studie des Bloomberg New Energy Finance (BNEF) (Henbest, Seb 2021: o.S.) wird Europa 2050 Vorreiter der Energiewende sein. Photovoltaik- und Windkraftanlagen sollen demnach zukünftig etwa die Hälfte des gesamten Stromproduktion ausmachen, immer mit dem Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommen vor Augen. Um den weltweiten Strombedarf jedoch zu decken, ermittelten Wirtschaftsforscher:innen eine weltweite Investitionssumme von 13,3 Billionen US-Dollar, wobei ein Großteil auf bevölkerungsreiche Nationen wie China, Indien und die USA fällt (Vgl. Ullrich, Sven 2019: o.S.).

Dass diese Länder bezüglich der Energiewende trotzdem bis 2050 nicht mit dem vergleichsweise langsam wirtschaftlich wachsenden EU-Markt mithalten können, ist besonders auf deren hohen Stromverbrauch zurückzuführen (Vgl. Ullrich, Sven, Ebd.). Hinzu kommen strukturelle Unterschiede. Während die EU bereits einen diversen Strommix aufweist und sich der Preis hier für die Solar- und Windenergie Berechnungen zufolge bis 2030 sogar noch senken wird, wächst der Anteil erneuerbarer Energien in anderen Teilen der Erde nur mühsam. In China, wo trotz seiner Bekanntheit für nachhaltige Technologien ständig neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen, macht dessen relativ später Aufstieg zur wirtschaftlichen Supermacht den Einsatz fossiler Energieträger unverzichtbar – und in den USA greifen Großkonzerne noch immer auf die billigen Erdgas-Kraftwerke zurück (Vgl. Ullrich, Sven, Ebd.).

Wird weiterhin aktiv an der Reduktion des CO2-Ausstoßes gearbeitet, so kann in Europa bis 2050 mit 92% ökologischer Stromerzeugung gerechnet werden, von denen 80% durch Wind und Sonne generiert werden (Vgl.: Ullrich, Sven, Ebd.). In China werden es 48%, in den USA gerade einmal 36% sein. Ein weiteres Indiz für Europas Nachhaltigkeitserfolg ist, dass der Anteil der Kohlekraft seit 2012 zurückgeht, während dies in China und Indien erst ab schätzungsweise 2026 der Fall sein wird, da die Preise für Photovoltaik- und Windanlagen bis dahin um bis zu 85% sinken werden (Vgl. Ullrich, Sven, Ebd.).

Insgesamt kann von einer europäischen grünen Zukunft sicherlich die Rede sein. Obwohl das Thema Energiewende aus deutscher Sicht aufgrund der bisher verfehlten Klimaziele mit starkem Pessimismus betrachtet wird, so erlebt selbiges Thema auf europäischer Ebene momentan eine Erfolgsgeschichte. Die im Grünen Deal verankerten ambitionierten Ziele und detaillierten Maßnahmen lassen auf eine noch nachhaltigere Zukunft, einen allgemeinen Kohleausstieg und schließlich die Klimaneutralität bis 2050 hoffen. Natürlich bleibt offen, ob sich dieser Optimismus tatsächlich bewahrheiten wird. Klar ist jedenfalls, dass die EU international in Sachen Energiewende sehr gut abschneidet und Anstrengungen unternimmt, an denen sich andere Staaten und Bündnisse durchaus ein Beispiel nehmen sollten.

Literaturverzeichnis