von Elisabeth Christ, SKI Jahrgang 2021/22

„Europa wird es nie zulassen, dass Teile seiner Gesellschaft stigmatisiert werden: wegen der Person, die sie lieben, wegen ihres Alters, wegen ihrer politischen Meinungen oder wegen ihrer religiösen Überzeugungen.”

Ursula von der Leyen am 7. Juli 2021

So sagt es die Präsidentin der europäischen Kommission Ursula von der Leyen am 7. Juli 2021 [1]. Doch inwiefern stimmt dies und was unternimmt die EU, um das Leben von Mitgliedern der LGBTQ Community und deren Gleichstellung zu sichern? In diesem Blogbeitrag wird dies näher untersucht.

Fallbeispiel Ungarn und Polen

In der Charta der Grundrechte der europäischen Union steht in Artikel 2, dass die Union sich auf den Werten der Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören beruht [2]. Somit besitzen auch EU-Bürger, welche sich mit der LGBTIQ-Community identifizieren das Recht auf Emanzipation und Schutz ihrer Grundrechte.

In einer Studie im Mai 2019 wurde festgestellt, dass obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz insgesamt von 71% in 2015 zu 76% in 2019 gestiegen ist. In neun Mitgliedstaaten hat sie jedoch abgenommen [3]. Ein Fallbeispiel für diese verminderte Akzeptanz sind Ungarn und Polen. Dort wurden Gesetze etabliert, welche die Charta der europäischen Union verletzen. Im Falle Ungarn sind es mehrere Gesetze, welche sich diskriminierend auf die LGBTIQ Community auswirken. Diese beschränken oder verbieten den Zugang zu Inhalten, die sogenannte „von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht abweichende Identitäten, Geschlechtsumwandlungen oder Homosexualität“ darstellen oder verbreiten, für Personen unter 18 Jahren [1]. Da Ungarn dabei diverse Richtlinien und Artikel der Charta der EU verletzt, hat die europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren im letzten Jahr eingeleitet.

In Polen waren es die „LGBT-freien Zonen”, die für Unruhe gesorgt haben. Denn die Kommission befürchtete eine vermutlich unzureichende Aufklärung von sexuellen Orientierungen, welche zu Stigmatisierung führen. Daraufhin muss an einer umfassenden Inspektion dieser Situation mit den polnischen Behörden gearbeitet werden. Dies stellt sich jedoch als schwierig heraus, aufgrund Polens zurückhaltender Kooperation [1].

EU-Strategie zur Emanzipation von LGBTIQ-Personen

Diese Ereignisse illustrieren nur zu gut, dass noch einiges an Arbeit zu erledigen ist für die EU, um das Recht auf Gleichheit und Schutz auf die Grundrechte für LGBTIQ-Mitglieder zu protegieren. In diesem Rahmen hat die europäische Kommission eine EU-Strategie zur Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, Trangsgender-, nichtbinären, intersexuellen und queeren Personen (LGBTIQ) für die Jahre 2020 bis 2025 vorgestellt. In dieser Strategie hat sich die europäische Union vier Ziele gesetzt, welche sie bis 2025 erreichen wollen. Dazu gehört (1) die Bekämpfung der Diskriminierung von LGBTIQ-Personen, (2) die Gewährleistung der Sicherheit von LGBTIQ-Personen, (3) der Aufbau von Gesellschaften, in welchen LGBTIQ-Mitglieder inklusiv sind und (4) die Führungsrolle bei der Forderung nach Gleichstellung von LGBTIQ in der ganzen Welt [3], [4]. 

Die Bekämpfung der Diskriminierung von LGBTIQ-Personen beinhaltet diverse Aspekte. Zum einen soll der rechtliche Schutz vor Diskriminierung durchgesetzt und verbessert werden. Andererseits soll die Integration und Diversität am Arbeitsplatz gefördert werden. Auch Bildung, Gesundheit, Kultur und Sport sind von Diskriminierung betroffen. Deshalb möchte die Kommission hier stärker dagegen ankämpfen. Des Weiteren ist eine Wahrung der Rechte von LGBTIQ, welche die inter-internationalen Schutz beantragen, vorgesehen. [4]

Ein weiteres Ziel, das die Kommission verfolgt, ist die Gewährleistung der Sicherheit von LGBTIQ-Personen. Um dies zu ermöglichen, soll der rechtliche Schutz für LGBTIQ-Personen vor Hass-, verbrechen, Hassreden und Gewalt verstärkt werden sowie die Bekämpfung von Online-Hassreden und Fake News gegen LGBTIQ. Da die körperliche und geistliche Gesundheit von  LGBTIQ-Personen oftmals aufgrund der Stigmatisierung von LGBTIQ zu Schaden kommt, ist der Schutz und die Förderung dessen vorausgesetzt. Darüber hinaus sollen Hassverbrechen gegen LGBTIQ gemeldet werden und ein Austausch bewährter Verfahren stattfinden. [4]

Um allgemein eine Gesellschaft aufzubauen, welche akzeptierend gegenüber der LGBTIQ-Community ist, soll zum einen in Grenzüberschreitenden Fällen die Rechte von Regenbogenfamilien verbessert und generelle Rechte von LGBTIQ-Personen gesichert werden. Gewährt wird außerdem eine bessere Anerkennung von Transgender- und nichtbinären Personen sowie Intersexuellen. [4]

Das letzte Ziel der Kommission besteht darin eine Führungsrolle in der Forderung nach Gleichstellung von LGBTIQ in der ganzen Welt zu sein. Um dies zu realisieren, möge die EU sich um ein stärkeres Engagement bei den Problemen von LGBTIQ in all ihren Außenbeziehungen bemühen. [4]

Resümee

Wenn man nun zur originalen Fragestellung zurückkehrt – Lässt die EU die Stigmatisierung eines Teils der Gesellschaft zu und sichert sie die Gleichstellung sowie das Leben von LGBTIQ-Personen? – lassen sich mehrere Feststellungen treffen. Es stimmt, dass noch ein großer Teil der Bürger, welche sich mit der LGBTIQ-Community identifizieren benachteiligt werden. Jedoch bemüht sich die EU aktiv darum dies zu revidieren. Beweis dafür sind die Exemplare Polen und Ungarn, wie auch die EU-Strategie zur Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, Trangsgender-, nichtbinären, intersexuellen und queeren Personen.

In naher Zukunft bleibt zu hoffen, dass sich die Verhältnisse progressiv weiter entwickeln statt regressiv. Dafür ist eine permanente Durchsetzung der EU-Strategie von Nöten plus eventuelle Verbesserungen und Anpassungen.

Literaturverzeichnis