Digitalisierung an Schulen (Ist-Zustand)

von Lydia Lauer

Neulich in einem Internet-Bewertungsportal: „An der Modellschule für neue Medien in X. funktioniert in manchen (!) Sälen der Lichtschalter.“
Währenddessen spricht die Gesellschaft von Digitalisierung und digitalem Fortschritt, künstlicher Intelligenz, Automatisierung in der industriellen Fertigung und autonomen Autos, nur im deutschen Bildungswesen haben solche Innovationen nur unzureichend Eingang gefunden wie der aufgebrachte Kommentar eines betroffenen Schülers deutlich macht.
Es gibt also offenbar viele Hindernisse, die sich bei der Digitalisierung einer Schule in den Weg stellen.

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#veganlifestyle – Der Einfluss sozialer Medien auf das vegane Leben

von Isolde Marie Sellin

Picture by Zeetz Jones. License: Creative Commons Attribution 2.0 Generic License.

„Offenbar tritt in dem Maße, wie die Kultur sich hebt, an die Stelle der Fleischkost die Pflanzenkost.“ – August Bebel (1840-1913, Mitbegründer und Führer der deutschen Sozialdemokratie)

Mit der Lebensreformbewegung, die sich ungefähr zu Lebzeiten August Bebels formierte, entstand erstmals ein Bewusstsein für gesunde Ernährung, aber auch schon damals für den Fleischkonsum. Die Gemeinschaft der Veganer*innen, damals ein kleiner Teil der Bewegung und noch nicht wirklich etabliert, ist heute eine, die wächst und wächst. Auf den sozialen Medien ist es das am häufigsten thematisierte Thema im Ernährungssektor. Immer mehr Menschen entscheiden sich vegan zu leben, veröffentlichen Fotos mit #veganlifestyle und werden Teil der veganen Community auf Social Media.

Heutzutage ist es nicht mehr wirklich schwer vegan zu leben, Ersatzprodukte findet man überall und auch in Restaurants finden sich vermehrt vegane Alternativen. Neben Fleischersatzprodukten, ist Pflanzenmilch mittlerweile auch bei Nicht-Veganer*innen beliebt. Sogar Coca Cola erkennt dies und bringt eigene Sojamilch auf den Markt. Doch kam es zuerst dazu, dass sich die Gesellschaft für die vegane Lebensweise geöffnet hat und sich deswegen immer mehr Menschen dafür entschieden haben? Oder ist es vielmehr so, dass soziale Medien Trends anheizen und diese gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen können? Auffällig ist, dass die Bewegung zahlenmäßig im Vergleich zu den Vorjahren, seit es die sozialen Medien gibt, explodiert. Laut proveg international leben heute etwa 1,3 Millionen Menschen in Deutschland rein vegan, vor drei Jahren waren es noch 900.000 Menschen.. Ein nicht sehr drastischer Anstieg im Vergleich zur Gesamtbevölkerung könnte man denken, doch 2008 gab es lediglich etwa 80.000 Veganer*innen. Auch proveg international selbst erlebt einen Anstieg an Mitgliedern. Im Jahr 2009 gewannen sie 300 neue Mitglieder im Vergleich zum Vorjahr hinzu. Heute sind es pro Jahr über 2000 neue Mitglieder. Sicher kann man die steigenden Zahlen nicht nur auf die sozialen Medien zurückführen. Doch diese sorgen dafür, dass bestimmte Lebensweisen in das Bewusstsein der Menschen rücken. Der steigende Anteil an Veganer*innen führt eben auch dazu, dass die Nachfrage an veganen Produkten steigt und das Angebot an Lebensmitteln demnach angepasst wird, wie es in den letzten Jahren geschehen ist. So ist der gelbe Button mit einem grünen V als Kennzeichnung von veganen Lebensmitteln heute eingängig und auch in Supermärkten wie Aldi Süd zu finden. Neben einer reichlichen Auswahl an veganen Kochbüchern, gibt es auch Apps, die einen durch das vegane Leben im Supermarkt oder Modeläden steuern.
Die Auswirkungen des veganen Lebens sind für Tier- und Umweltschutz enorm: 3320kg Kohlenstoffdioxid weniger und 365 errettete Tiere pro Jahr. Bedeutet für Deutschland gesehen, dass alle Veganer*innen zusammen 5.312.000.000kg Kohlenstoffdioxid einsparen und 584.000.000 retten. Veganismus wurde wahrscheinlich vor allem durch die sozialen Medien zu einem Trend, der in vielerlei Hinsicht das Leben vegan lebender Menschen verändert hat und sich positiv auf Tier- und Umweltschutz auswirkt. So gesehen könnte man August Bebels Zitat mit heutiger Sicht umformulieren: „Offenbar tritt in dem Maße, wie sich die sozialen Medien erheben, an die Stelle der Fleischkost die Pflanzenkost.“

Absturz oder Neustart?

von Monika Hartmann

Bildung in Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung

Allgemeinbildung, Herzensbildung, Ausbildung, Schulbildung, Weiterbildung.
Sie ist nicht zufällig Bestandteil zahlreicher Komposita, kann sie doch viele Formen annehmen und auf ebenso viele unterschiedliche Weisen definiert werden.
Sie gilt als essentiell für die Bewältigung der Welt, in der wir leben, und als entscheidend für die Entwicklung eines Menschen durch die Herausbildung individueller Charakterzüge.
Sie soll Menschen befähigen, sich als selbstbestimmte Persönlichkeiten in einer sich beständig verändernden Gesellschaft zurechtzufinden und verantwortungsvoll ihre eigenen Lebensentwürfe zu verfolgen.¹
Welche Rolle man ihr auch zuschreibt, wie man sie auch definiert: Dass Bildung entscheidend dazu beiträgt, den Menschen zum Menschen zu machen, ist gesellschaftlicher Konsens. Dabei muss unterschieden werden zwischen Herzensbildung einerseits und akademischer Bildung andererseits, hinzu kommen die verschiedenen Abstufungen akademischer Bildung, also beispielsweise Schulbildung oder höhere, universitäre Bildung. Als Schülerin beschäftigt mich hauptsächlich die Frage nach der Zukunft von Bildung im schulischen Bereich.Aktuell stellt sich die Situation in Deutschland folgendermaßen dar: Bildung ist nach wie vor Ländersache. Daraus ergeben sich erhebliche Diskrepanzen zwischen den Schulsystemen, den Lehrplänen und somit auch dem Niveau an Allgemeinbildung in den unterschiedlichen Bundesländern. Doch so sehr sich die Schulsysteme im Detail unterscheiden mögen, in ihren Grundzügen sind sie einander sehr ähnlich: Ob in Bayern, Bremen oder Brandenburg, die Schülerinnen und Schüler lernen in Klassen und Kursen von einer Lehrkraft mithilfe von Tafelanschrieben und Arbeitsblättern, hinzu kommen Referate und Gruppenarbeiten. Diese Lehrmethoden werden oft als veraltet bezeichnet und wegen ihrer mangelnden Flexibilität kritisiert. An dieser Stelle kommt die fortschreitende Digitalisierung ins Spiel, die mit rasender Geschwindigkeit sämtliche Lebensbereiche umkrempelt und auch vor den Klassenzimmern nicht Halt macht; man verspricht sich eine grundlegende Erneuerung der Lernmethoden, eine Steigerung der Lernerfolge, ja, einen Neustart für Produktivität und Motivation der Schülerinnen und Schüler.

Schule der Zukunft, Zukunft der Schule
Längst hat die Digitalisierung in den Schulen Einzug gehalten, etwa durch Dokumentenkameras, Smartboards, vereinzelte Tabletklassen, Lernapps, Elternportale, digital verfügbare Vertretungspläne oder Apps zur Überprüfung der Anwesenheit. Ein einheitlicher Kurs für die digitalisierte Bildung der Zukunft liegt indes noch nicht vor. Eine durchaus vielversprechende mögliche Einbindung virtueller Inhalte in den Schulalltag stellt die Erschaffung einer zentralen, deutschlandweit zugänglichen Online‑Plattform mit Selbstlernmaterialien und verschiedenen Übungsformen dar, auf die die SchülerInnen von zuhause aus zugreifen können. In der digitalisierten Welt des Lernens bieten sich den Jugendlichen ungeahnte Möglichkeiten:
Aus der Einrichtung einer Lernplattform ergeben sich quasi automatisch vielfältigere Unterrichtsmethoden, da der bisherige Frontalunterricht durch interaktive, spielerisches Lernen ermöglichende Angebote sinnvoll ergänzt werden kann. Je nach Lerntyp können die SchülerInnen stärker visuell, auditiv, haptisch oder kommunikativ arbeiten und sich so vermittelte Inhalte besser merken.
Auch spielt die hohe Anpassungsfähigkeit digitaler Lernangebote eine Rolle: Während Schulbücher derzeit oft veraltet sind, da es sich nicht lohnt, wegen Änderungen von Bevölkerungszahlen ein neues Geographiebuch oder wegen Wandels in der Jugendsprache ein neues Deutschbuch zu konzipieren und drucken zu lassen, lassen sich neueste wissenschaftliche Erkenntnisse vergleichsweise leicht in virtuelle Lernplattformen einbetten und erlauben so die Vermittlung hochaktueller Inhalte – sprich mehr Aktualität durch höhere Flexibilität.
Doch dem heutigen Verständnis von Bildung zufolge geht es nicht nur um die Vermittlung von Inhalten, – schon Albert Einstein, dem das folgende Zitat zugeschrieben wird, wusste: Wissen heißt wissen, wo es geschrieben steht. – sondern insbesondere um die Vermittlung von Kompetenzen. Damit ist beispielsweise die Fähigkeit gemeint, sich differenziert auszudrücken, das Wichtigste aus einem Text herauszufiltern oder logische Zusammenhänge herzustellen. Nun rücken auch sogenannte digitale Kompetenzen in den Fokus der Bildungspolitik – denn was kann besser auf eine digitalisierte Arbeitswelt vorbereiten als der durch die Schule der Zukunft ermöglichte tagtägliche Umgang mit Software auf dem aktuellen Stand der Technik? Digitale Kompetenzen sind in der Arbeitswelt von heute, morgen und übermorgen essentiell – und zeigen einmal mehr, dass Seneca doch Unrecht hatte mit seiner Sentenz non vitae, sed scholae discimus.
Der Schwerpunkt digitalisierter Bildung sollte indes auf der individuellen Förderung der Jugendlichen liegen. Um dies zu erreichen, bietet sich eine Aufhebung des bisherigen Lernens im Klassenverband zugunsten eines Kurssystems an, das den Stärken und Schwächen der einzelnen SchülerInnen Rechnung trägt. Konkret bedeutet dies also, dass eine naturwissenschaftsaffine 15jährige Schülerin, die gemäß den aktuellen Standards in der zehnten Klasse ist und sämtliche Fächer auf diesem Niveau belegt, beispielsweise Mathematik und Physik auf Elftklassniveau belegen könnte, Deutsch und Französisch hingegen auf Neuntklassniveau. Dadurch wird nicht nur eine bessere Förderung des Einzelnen gewährleistet, sondern auch ein einheitliches Niveau und Lerntempo innerhalb der Kurse. Erleichterte individuelle Förderung ist die große Chance, die sich durch eine Digitalisierung des Lernens bietet.

Es wird jedoch befürchtet, dass die fortschreitende Digitalisierung in der Bildung mit Einbußen einhergeht, insbesondere im sozialen Bereich. Wenn – überspitzt formuliert – die Schule der Zukunft so aussieht, dass die SchülerInnen sich die Lerninhalte nur noch von zuhause aus aneignen und keine tatsächliche Schule mehr besuchen, geht das zu Lasten der sozialen Kontakte. Mindestens genauso wichtig wie die in der Schule vermittelten Inhalte sind die dort erlernten Werte und sozialen Verhaltensweisen. Wenn Fehlverhalten sanktioniert und Engagement gelobt wird, wirkt die Schule als Regulativ zum Elternhaus, um allen SchülerInnen unabhängig von Herkunft und sozialem Stand den gleichen Wertekanon von Respekt, Toleranz und Offenheit mit auf den Weg zu geben. Nun könnte man sagen, dass es den Jugendlichen in einer komplett durchdigitalisierten Welt durchaus noch möglich ist, Kontakt mit Gleichaltrigen zu haben, indem sie nachmittags Freunde treffen. Doch Schule in ihrer jetzigen Form ist viel mehr als ein Ort, an dem man Freunde trifft. Sie ist gekennzeichnet durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Gruppierungen, durch den Dialog mit Menschen, deren Anschauungen man nicht teilt und deren Verhalten man ablehnend gegenübersteht. Sich an diesen Menschen zu reiben, Konflikte zu suchen und zu überwinden, seine Meinung zu revidieren oder gegebenenfalls zu manifestieren – das ist es, was Schule ausmacht. Ob man dazu Herzensbildung oder soft skills sagt, das Ergebnis bleibt das gleiche: Schule hat nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen Erziehungsauftrag, sie bereitet Jugendliche nicht nur akademisch auf das Arbeitsleben und die Welt vor, sondern auch – oder sogar vor allem – sozial. Dieser Aspekt ist essentiell für das Verständnis von Schule als Ort der Bildung und darf daher bei allen technischen Tagträumereien nicht vernachlässigt werden.
Ebenso zu kritisieren ist die zeitintensive Umstellung von analogen auf digitale Lehr- und Lernmethoden. Zum einen ist da die Einrichtung digitaler Lernplattformen, die ein erhebliches Maß an Zeit, Aufwand und Expertise erfordert und zudem genau durchdacht und anpassbar konzipiert werden muss, zum anderen muss darauf geachtet werden, die Lehrkräfte nicht im digitalisierten Regen stehen zu lassen, sondern mithilfe von verpflichtenden Schulungen in den Wandel einzubinden. Denn während es für die SchülerInnen als sogenannte digital natives vermutlich kein Problem darstellen wird, mit virtuellen Inhalten zu arbeiten, könnten sich erfahrene Lehrkräfte vernachlässigt fühlen und um ihre Arbeitsplätze fürchten. Um dem entgegenzuwirken, müssen diese auch bei der didaktischen und pädagogischen Konzeption neuer Selbstlernmaterialien eingebunden werden – schließlich sind sie diejenigen, die aufgrund jahrzehntelanger Berufserfahrung am besten wissen, wie sich bestimmte Inhalte vermitteln lassen, welche Zusammenhänge essentiell sind und wie man Kinder und Jugendliche begeistern kann.
Auch die durch eine Digitalisierung des Schulalltags entstehenden hohen Kosten werden oft angesprochen. Nun fragt man sich vielleicht, wie die einmalige Digitalisierung von Lerninhalten und die Einrichtung entsprechender Plattformen hohe Kosten generieren soll. Fakt ist jedoch, dass es mit dieser einmaligen Einrichtung nicht getan ist. Die Systeme müssen überprüft und instandgehalten werden, dem neuesten technischen Stand muss Rechnung getragen werden, die Inhalte müssen aktualisiert werden und auch neue Erkenntnisse der Pädagogik sind zu berücksichtigen. All diese Aspekte kosten kontinuierlich Zeit und Geld. Diese Kritik ist jedoch dahingehend zu relativieren, dass es sich im Bereich der Bildung lohnt, Investitionen zu tätigen, da hier die Zukunft unseres Landes geschmiedet wird. Der Faktor Finanzen darf also keine Ausrede sein, wenn es um Bildung geht.
Während das System Schule in seiner heutigen Form relativ autark und unabhängig von Umwelteinflüssen funktionieren kann, drohen virtuellen Lernplattformen Ausfälle, beispielsweise durch Hackerangriffe oder Stromausfälle. Es kann also riskant sein, ausschließlich auf digitalisierte Bildung zu setzen. Stattdessen ist eine Symbiose mit analogem Unterricht anzustreben.

Ambitionierte Projekte zu digitalisierter Bildung stehen und fallen mit ihrer Umsetzbarkeit.
Eine zentrale Lernplattform kann etwa an dem ebenso simplen wie grundlegenden Fakt scheitern, dass nach wie vor nicht alle Haushalte in Deutschland über einen Internetzugang verfügen, sei es aus finanziellen Gründen, wegen mangelnder infrastruktureller Angebote oder durch eine bewusste Entscheidung gegen ständige Erreichbarkeit. Um eine gerechtere Bildung zu gewährleisten, ist es jedoch von großer Bedeutung, allen SchülerInnen die gleichen Grundvoraussetzungen bieten zu können. Wenn digitalisierte Bildung neue Hürden statt mehr Gerechtigkeit für Kinder einkommensschwacher Familien oder Bewohner strukturell benachteiligter Regionen schafft, verfehlt sie ihr Ziel.
Um zumindest Bildungsgerechtigkeit zwischen den einzelnen Bundesländern zu gewährleisten, wird aktuell eine teilweise Aufhebung des Bildungsföderalismus zugunsten der finanziellen Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen durch den Bund angestrebt – der sogenannte DigitalPakt. Es ist derzeit unklar, ob die dazu erforderliche Grundgesetzänderung umgesetzt werden kann. Idealerweise sollte standardisierte digitalisierte Bildung jedoch grundsätzlich bundesweit gefördert werden, nicht nur finanziell.

Denkanstöße und Forderungen
Im Zusammenhang mit digitalisierter Bildung lassen sich als Ergebnis aus diesen Darlegungen die folgenden Denkanstöße und Forderungen für Gesellschaft und Politik formulieren:
Ist es wirklich noch zeitgemäß, am Bildungsföderalismus festzuhalten?
Wie kann erreicht werden, dass alle beteiligten Parteien, Alt wie Jung, in die Digitalisierung des Lernens eingebunden werden?
Digitalisierung und technischer Fortschritt dürfen nicht zum Selbstzweck verkommen, stattdessen muss stets der Mensch im Mittelpunkt stehen.
Um einen fundierten Diskurs über die Auswirkungen digitalisierter Bildung zu ermöglichen, muss mehr in diesem Bereich geforscht und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Und zuletzt: Digitalisierung ist keineswegs als Lösung sämtlicher Probleme des Bildungswesens in Deutschland zu verstehen und darf nicht als Ablenkung davon verwendet werden.

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¹  Bundesministerium für Bildung und Forschung (https://www.bmbf.de/de/bildung-digital-3406.html, aufgerufen am 08.12. 2018 um 20.00 Uhr) 

Demokratie von dem Sofa aus

von Daniel Rupp

Die Gesellschaft verändert sich durch die Digitalisierung. Sollten sich auch die Wahlen im gleichen Tempo mitverändern? Es gibt gute Chancen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, wenn der Wahlvorgang für jeden einfach, unkompliziert, unterwegs oder bestenfalls noch vom Sofa aus abgehalten werden kann. Der Aufwand, die Zeit und den Termin, den du normalerweise vorgesetzt bekommst, würde einfach wegfallen. Ich denke, die Menschheit und die Gesellschaft verändert sich immer. Wir werden hoffentlich nie ein Stadium des Stillstandes erreichen. Somit finde ich, dass Online-Wahlen sich unserem aktuellen Zeitgeist nur anpassen müssten. Doch ist das zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt mit unseren Wahlrechtsgrundsätzen vereinbar?

Ich denke nicht.

Und in diesem Punkt sehe ich das Problem. Zwar bin ich davon überzeugt, dass sich die Wahlen unserer digitalen Gesellschaft anpassen sollten. Doch dies darf nur geschehen, wenn alle unsere Wahlrechtsgrundsätze eingehalten werden können. Das ist zu dem jetzigen Zeitpunkt noch nicht gegeben. Das größte Defizit sehe ich in dem Grundsatz der geheimen Wahl. Auch bei Online-Wahlen muss es unmöglich sein, nachzuvollziehen, wer wie gewählt hat. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt technisch aber noch nicht realisierbar.

Ich bin mir sicher, dass wir in absehbarer Zeit Online-Wahlen erleben werden. Allerdings denke ich, dass es momentan Technisch noch nicht möglich ist. Somit bleibt die Demokratie vom Sofa aus und per QR-Code-Abstimmung vorerst noch eine Utopie. Aber zumindest eine, die in greifbarer Nähe ist.

Das Berlin-Seminar 2018 in Zahlen, Fakten und Anekdoten…

von Rashidah

„Schätzt mal: Wie groß ist der Bundeshaushalt eigentlich?” fragt uns der Bundestagsabgeordnete Dr. Danyal Bayaz. Nervöses Murmeln, eine verhaltene Meldung. Die Antwort ist 335 Milliarden EUR – ich hätte es nicht gewusst.

Blicken wir zurück: Alleine oder in kleinen Gruppen trudelten die Teilnehmer/innen am Mittwoch ein und schleppten sich samt Gepäck die Treppen hoch. Die nächste Hürde: 25 Namen lernen, Teamer/innen nicht mitgezählt. Erleichterung: Ein Vorname taucht gleich dreimal auf. Doch das war auch nicht lange von Bedeutung, da die Personen hinter den Namen um einiges interessanter waren.

Die Vorwarnung auf mit Programm vollgepackte fünf Tage wurde erfüllt: Vom Auswärtigen Amt zum Bundesministerium für Arbeit und Soziales, zu diverse Startups und so weiter ging es überwiegend per pedes. Laut Google Maps haben wir über 10 Kilometer zurückgelegt. Im Vorbeigehen oder -rennen, je nach Zeitplan und Ampel, bewunderten wir die Architektur und flohen vor Nieselregen. Zugegebenermaßen, einmal Bahn fahren war auch dabei. Spätestens gegen Mittag hätte jeder Schrittzähler angezeigt “Tagesziel erreicht!” (Fun Fact: 8000 Schritte pro Tag sind empfohlen.)

Der Besuch des APX Accelerators von Axel Springer und Porsche ließ uns schnell zu der Schlussfolgerung kommen, dass (Verkaufs)Zahlen uns doch weniger interessieren als der Inhalt, woraus eine interessante Diskussion rund um Bettina Wulffs angebliche Affäre entstand. Der Besuch des Bundestags war für viele ein Highlight: Die Möglichkeit, einen Politiker einmal mit allen möglichen Fragen zu löchern, blieb nicht ungenutzt.

Kurzum: Zahlen oder Vorwissen waren wohl kaum das Interessanteste an diesem Auftaktseminar. Wichtiger war die Möglichkeit, Gleichaltrige kennenzulernen, für die Politik nicht nur in den Bundestag gehört, Fragen zu stellen und Neues zu lernen. Diskutiert haben wir aber nicht nur über Politk und Parteien, sondern auch, wie “Werwolf” richtig gespielt wird. Es gab hochphilosophische Mutmaßungen über das Universum und – nicht zu vergessen – eine spontane Tanzeinlage der Teamer/innen.

Unsere Neugierde und Fragen zu unbekannten Themen waren endlos. Einmalig waren die Denkanstöße und die Gelegenheit, uns im Austausch untereinander eine Meinung bilden zu können, vielfältig die unterschiedlichen Organisationen und Vereine, die sich uns vorstellten.

So endeten fünf ereignisreiche Tage in Berlin viel zu schnell und mit viel zu wenig Schlaf (die genaue Stundenzahl sollte lieber nicht erwähnt werden).

Warum uns die Digitalisierung in der Bildung enorm helfen könnte.

von Leon Muchaier, Claudius Seiter, Haluk Öngören

Zugang von Bildung in einer digitalisierten Welt #digitalfuture

Jede/r, der/die heutzutage mal in der Schule war, kennt’s: Der Lehrer/die Lehrerin steht vorne am Smartboard oder Beamerwagen, drückt hilflos irgendwelche Knöpfe und gibt nach ein paar Minuten verlorener Arbeitszeit auf und kehrt schließlich zum „guten“ alten Frontalunterricht zurück. Leider.

Auf das Problem, dass die Lehrer/innen es nicht so sehr mit neuer Technik haben, brauche und möchte ich heute gar nicht eingehen. Viel mehr möchte ich darauf eingehen, welchen Zugang bzw. Möglichkeiten uns diese Technik bringen könnte.

Eines der wichtigsten Argumente ist, dass durch Smartboards und Co. der Unterricht ganz anders gestaltet werden kann. Lehrer/innen könnten den Unterricht viel interaktiver gestalten. Als Beispiel gibt es heute schon diverse Anwendungen, mit denen man spielerisch das Lernen gestalten kann oder auch andere Inhalte vereinfacht werden können.
Ein anderer wichtiger Aspekt, der vor allem in den letzten Jahren immer wichtiger wurde, ist die Integration von geflüchteten Menschen, auch in unser Bildungssystem. Die Flucht sollte kein Grund sein nicht die Möglichkeit einer höheren Bildung zu erhalten. Genau dafür setzt sich das Social-Start-Up „Kiron Open Higher Education“ ein. Das Start-Up setzt dabei auf digitale Kanäle, um ihre Zielgruppe zu erreichen und schafft dies erfolgreich in vielen Ländern der Welt. Die Studierenden lernen dabei mithilfe von Online-Kursen, die größtenteils aus Lernvideos bestehen und Geflüchteten so ortsunabhängig einen Zugang zu Bildung ermöglichen.
Eine zentrale Frage, die u.a. bei Kiron jedoch auch gestellt wurde, war, ob der „soziale Faktor“ der Bildung durch die Digitalisierung künftig wegfallen wird. Diese Frage kam auf wegen des Konzeptes von Kiron. Wie oben bereits erwähnt wurde, lernen die Studierenden nur über Online-Videokurse, weshalb wir uns fragten, ob der soziale Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den Schüler/innen wegfiele, wenn wir dieses Konzept auch auf unser jetziges Schulleben beziehen. Mit dem „sozialen Faktor“ ist auch gemeint, dass Schüler/innen die Schule zwar größtenteils natürlich wegen der Schulpflicht besuchen. Dennoch muss man auch beachten, dass Freund/innen in der Schule einen selbst enorm motivieren. Wenn wir künftig alle nur noch online zu Hause lernen würden, würden wir kaum bis gar nicht unsere Freund/innen treffen können. Unsere Motivation für das Lernen könnte sinken. Konkret stellt sich diese Frage zum Teil auch schon heute, z.B. bei dem vermehrten „homeschooling“ in den USA. Schüler/innen werden dabei zu Hause mithilfe von Videos oder auch Online-Konferenzen gebildet. Natürlich muss man sich dabei auch fragen, ob das Prinzip des „homeschooling“ wirklich zielführend ist, einem Jugendlichen oder Kind, im Rahmen der ersten (Schul-) Ausbildung die nötigen Wissenstandards zu vermitteln, um später an einer Uni zu studieren oder ob dies eher ein (Weiterbildungs-) Konzept für junge Erwachsene ist, wie es bei Kiron gehandhabt wird.
Eine weitere Frage, die wir uns anlässlich des Besuches bei Kiron gestellt haben, war, was mit den ganzen Lehrer/innen passiert, wenn wir irgendwann alle nur noch über Plattformen digital lernen würden. Das mag zwar noch ganz weit entfernt sein, jedoch ist die Frage mehr als berechtigt, da eigentlich alle Bundesländer händeringend nach neuen Lehrkräften suchen. Aber was passiert denn dann, wenn wir diesen Schritt vom klassischen Frontalunterricht von heute mit Lehrern usw., zum digitalen Unterricht von morgen machen? Dazu haben wir uns ein Szenario überlegt, in dem Lehrer/innen immer mehr die Rolle eines Mentors/einer Mentorin annehmen, also als Hilfe verfügbar sind, aber dennoch der „Unterricht“ durch die Initiative des Schülers/der Schülerin stattfindet.

Abschließende, konkrete und „richtige“ Antworten auf diese Frage haben wir noch nicht gefunden. Gleichwohl ist es sicherlich wichtig, dass wir beim Thema „digitale Bildung“ nicht nur an die Anforderungen an Hard- und Software denken. Die Bedeutung der Digitalisierung für den sozialen Faktor von Bildung ist ebenso gewichtig und sollte nicht vergessen werden.

Bildung ist schließlich immer eine Entwicklung. Vor 60 Jahren war es noch der Schritt von Klassen mit ca. 60 Schüler/innen zu Klassen mit 30 Schüler/innen. Heute vielleicht der Übergang von der Kreidetafel hin zum Smartboard – aber für morgen erwarten uns neue Herausforderungen, bei denen die sozialen/menschlichen Folgen des technischen Fortschritts vielleicht eine große Rolle spielen.

Das Schülerkolleg International als Türöffner: Ein Blick in neue Räume

von Catrina Needham

Als ich zum ersten Mal auf das Schülerkolleg International (SKI) stieß, fiel es mir schwer, den genauen Charakter dieses Programmes zu bestimmen. Jetzt nach dem ersten Seminar in Berlin habe ich drei Aspekte ausgemacht, die für mich das Schülerkolleg ausmachen.

Zuerst einmal ist da der Austausch mit zukunftsorientierten und engagierten Jugendlichen aus ganz Deutschland, der an und für sich schon sehr bereichernd ist. Danach steht die berufliche Orientierung. Denn das SKI bring die Teilnehmer/innen in direkten Kontakt mit Führungspersonen, zeigt verschiedene Bereiche auf, in unserer Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und bietet durch den Markt der Möglichkeiten ganz konkrete Planungsmöglichkeiten.

Aber das Hauptaugenmerk liegt ganz klar auf der Auseinandersetzung mit dem Jahresthema, in meinem Fall der Digitalisierung. Und hierzu haben wir über zwei kompakte Tage verteilt wirklich erstklassigen Input bekommen. So waren wir nicht nur in verschiedenen Regierungsinstitutionen, sondern auch bei NGOs und Unternehmen. Durch das SKI konnten wir nicht nur mit Menschen diskutieren, mit denen wir sonst wohl kaum in persönlichen Kontakt gekommen wären, wie zum Beispiel Dr. Danyal Bayaz (MdB und Startup-Beauftragter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) und Marcus Bleinroth ( Leiter des Referats für konventionelle Rüstungskontrollen im Auswärtigen Amt). Sondern wir betraten auch Räume, die normalerweise für die Allgemeinheit verschlossen bleiben.

Denn, wo arbeiten eigentlich die Leute, die Deutschlands Arbeitsmarkt fit für Digitalisierung machen sollen? In welcher räumlichen Umgebung werden Start-Ups gefördert und wo kommen sie unter, wenn sie einmal den Sprung zum funktionierenden Unternehmen geschafft haben?

Unser erster Programmpunkt war der Besuch im Auswärtigen Amt, ein Ministerium, das fast einen ganzen Straßenzug einnimmt. In einem mit hellem Holz getäfelten Raum saßen wir brav in mehreren Reihen während vorne zwei Vertreter/innen des Auswärtigen Amtes über die Herausforderung der Digitalisierung, das Berufsbild des Diplomaten/der Diplomatin und den Inhalt ihrer Arbeit sprachen. Als die interne Digitalisierung des Amtes zur Sprache kam, hieß es, dass teilweise noch Arbeitsstrukturen aus Bismarcks Zeiten vorhanden wären.

Etwas moderner wurde es dann im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Hier saßen wir zu mindestens in einem geöffneten Kreis und führten eine offene Diskussion mit der Referentin im Referat Grundsatzfragen der Arbeitspolitik. Aber auch hier konnte man noch keine praktische Anwendung der digitalen Möglichkeiten sehen, um jungen Menschen das Arbeitsministerium nahe zu bringen.

Eine Ahnung vom Arbeitsplatz der Zukunft bekamen wir erst beim Besuch zweier NGOs.

Die Stiftung Neue Verantwortung wirkte zwar auch recht modern und anonym mit den kahlen weißen Wänden und Büros aus Glas, aber sie hielt einen Workshop zur Digitalisierung von Wahlen bereit, in den wirklich alle von uns mit einbezogen wurden. Am nächsten Tag erwartete uns ein wirklicher Szenenwechsel, als wir die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. besuchten. Dieser Verein, welcher durch Klagen die Grund- und Menschenrechte einfordert, empfing uns in den Räumlichkeiten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie selbst bestehen nur aus zwei kleinen Arbeitsräumen direkt an der Straße, einer Miniküche und einem noch kleineren WC. Der Gegensatz zu den Arbeitsplätzen, die wir davor gesehen hatten, war wirklich überwältigend.

Ähnlich sah es bei dem StartUp „Kiron Open Higher Education“ aus. Dieses Unternehmen, obschon wesentlich größer mit seinen 80 Mitarbeitern und internationaler Wirksamkeit, ist in mehreren fast schon labyrinthartig wirkenden Räumen untergebracht. Um zu ihnen zu gelangen mussten wir an einem Theater vorbei, mehrere Treppen hoch und durch zahlreiche Flure. Besonders erinnerungswürdig waren aber überaschenderweise die Toiletten. Denn es gab die Auswahl zwischen Damen und geschlechtsunspezifisch. Hier hatte man anscheinend wirklich etwas gegen das Problem der unendlichen Schlangen vor Frauentoiletten unternehmen wollen!

Schließlich sollten wir aber noch eine ganz andere Arbeitsumgebung kennenlernen. Der „APX Accelerator“ von Axel Springer und Porsche hat es sich zur Aufgabe gemacht, junge StartUps in der Gründungsphase zu unterstützen. Anscheinend um die Denkprozesse der jungen Unternehmer /innen anzuregen, war der Workspace bewusst roh gehalten. Mit dem kahlen Betonboden, auf dem ein abgenutzter Teppich, aus dem ein Smiley ausgeschnitten war, lag und den Wänden, die mit Graffititapete gestaltet waren, wirkte das Ganze auf mich etwas gekünstelt.

Insgesamt haben wir eine breite Palette an Arbeitsplätzen kennengelernt, bei denen die Digitalisierung auf unterschiedliche Art und Weise genutzt und zur Schau gestellt wird. In Zukunft werden sich sicherlich auch die räumlichen Arbeitsplätze weiter verwandeln. Wie auch immer dies dann ganz konkret aussehen mag, so wird es doch ganz sicher uns alle betreffen.